Wie ich es schaffe „durchzuziehen“ – über Zeit, Disziplin und Selbstliebe

In letzter Zeit werde ich oft gefragt, wo ich die Motivation und Zeit für meine spirituelle Praxis hernehme und wie ich es schaffe so früh aufzustehen und diszipliniert jeden Tag durchzuziehen.

Tatsächlich ist die tägliche spirituelle Praxis – auch Sadhana genannt – für mich persönlich aber nichts wofür ich mich aufrappeln muss, sondern eine Bereicherung und der Teil in meinem Leben, der mir Sicherheit und Halt gibt. Wenn ich morgens mal nicht praktizieren kann, merke ich das im Alltag schnell – und mein Umfeld oft auch.

Wenn ich hingegen morgens praktiziert habe, gehe ich bewusster durch den Tag, habe weniger und schönere Gedanken, bin entspannter, zentrierter und es fällt mir leichter in Verbindung zu gehen – mit mir und anderen. Und auch wenn ich dann oft weniger Stunden Schlaf habe bin ich den Tag über fitter als wenn ich länger schlafe und nicht meditiere und/ oder Yoga mache.

Um neue Gewohnheiten zu entwickeln braucht es viel Energie – in Form von Motivation. Diese muss von Innen kommen und klar und stark sein. Bei mir war es die Intention etwas in meinem Leben zu verändern, weil ich unzufrieden und unglücklich war. Ich habe mich von Herzen nach mehr Ausgeglichenheit und Klarheit gesehnt, vor allem aber nach Frieden und Ruhe in mir. Dieser tiefe Wunsch war meine größte Motivation.

Bei Meditation ist es nicht wie im Sport, wo sich die ersten sichtbaren Effekte erst nach Wochen oder Monaten zeigen, wodurch die Motivation schnell nachlässt und eine Menge Disziplin notwendig ist, um dran zu bleiben. Die ersten positiven Effekte einer täglichen spirituellen Praxis, ganz egal wie sie auch aussehen mag, zeigen sich schon nach wenigen Tagen. Und in dem Moment, in dem dir klar wird, was für Auswirkungen diese Zeit für dich und dein Leben hat und du ganz genau weißt, wofür du es tust, ist keine Disziplin mehr nötig.

Was du wirklich brauchst ist nicht Disziplin, sondern Selbstliebe. Die Frage ist nicht, ob du durchziehen kannst, sondern ob du es wirklich willst. Die Frage ist, ob du dir selbst wichtig genug bist, um dir diese Zeit für dich zu nehmen – für dein psychisches und körperliches Wohlbefinden.

Wenn es darum geht eine neue Gewohnheit – egal ob Sport, gesündere Ernährung oder Meditation – in den Alltag zu integrieren, sagen die meisten Menschen Sätze wie:

„Ich habe keine Zeit dafür.“

„Das ist mir zu viel/ zu anstrengend/ zu früh.“

oder „Ich brauche meinen Schlaf.“

Und ich glaube ihnen – keine Frage. Ich sehe, dass sie keine Zeit haben, aber auch, dass sie nicht bereit sind, sich diese zu nehmen. Das liegt daran, dass sich viele Menschen nicht wichtig genug, um für ihr eigenes Wohlergehen zu sorgen – auch wenn es das wichtigste überhaupt ist. Und wenn es jemandes Priorität ist, bis tief in die Nacht Filme und Serien auf Netflix zu schauen, verstehe ich auch, dass man nicht morgens um 5 Uhr aufstehen will. Und ich verstehe auch, dass es zu viel erscheint noch eine Aufgabe zur endlos langen To-Do Liste des Tages hinzuzufügen.

Tatsächlich beschweren sich die meisten Menschen nur über ihr Leben, aber die wenigsten sind bereit wirklich etwas zu verändern. Also bleiben sie da wo sie sind, weil es ihnen einfacher erscheint. In Wahrheit ist es aber schwerer, weil sie im ständigen Widerstand mit dem stehen, wo und wer sie sind und die Unzufriedenheit ihr Leben beherrscht. Es entsteht ein Krieg im Inneren und ein ständiger Kampf mit dem Leben. Sie fühlen sich als Opfer ihrer Umstände und empfinden sich selbst als machtlos.

Dann sagen sie oft „Ich kann nicht“ obwohl sie eigentlich meinen „Ich will nicht“ – weil es leichter ist zu sagen, man hätte nicht die Möglichkeit, als sich einzugestehen, dass man die dafür notwendigen Schritte nicht gehen möchte. Statt Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen, machen sie äußere Umstände dafür verantwortlich. Das ist das Gegenteil von Yoga. Das ist das Gegenteil von dem, wie ich sein möchte.

Dabei möchte ich betonen, dass ich niemanden verurteile, der aktuell an diesem Punkt ist. Ich würde mich nur selbst verurteilen – so oft, wie ich dort auch schon war. Deshalb fühle ich mich auch niemandem überlegen oder voraus. Das Leben ist ein Lernprozess und jeder ist auf seinem eigenen Weg. Mir tut es weh, Menschen leiden zu sehen, weil sie keinen Ausweg aus ihrer Situation sehen. Deshalb bin ich Yoga- und Meditationslehrerin geworden: Um Anderen dabei zu helfen, zu sich Selbst und in ihre Kraft zu kommen, um etwas zu verändern. Also wenn du dich gerade angesprochen oder angegriffen fühlst: Ich sehe dich. Ich fühle dich. Da war ich auch mal und ich habe für mich erkannt, dass es mich nicht weit bringt. Ich hoffe auch du findest deinen Weg und erkennst – wie ich – dass dich Vorwürfe an Andere, das Leben, die Gesellschaft und die Welt nicht weit bringen. Ich hoffe du findest deinen Weg in die Selbstverantwortung und Selbstliebe.

Ich habe am Anfang auch nicht gewusst, wie ich neben Kind, Selbststudium und Arbeit noch Zeit für Yoga und Meditation schaffen soll. Aber ich wusste auch, dass ich so nicht weitermachen möchte. Ich wusste, dass sich das Leben nicht so anfühlen muss und dass es leichter sein kann. Der Wunsch nach Veränderung war meine größte Motivation. Statt weiter Gründe und Ausreden dafür zu finden, warum es nicht geht, wollte ich es zumindest versuchen.

Und ich fand heraus: Ich kann. Und ich will. Weil ich mich selbst genug liebe und weil ich mir selbst wichtig genug bin. Erkenntnisse und Gefühle, die ich ebenfalls durch Yoga und Meditation erlangt habe. Ich sehe mein Sadhana nicht als zusätzliche Aufgabe am Tag, die mir Zeit „raubt“, sondern als ein Geschenk – eine tägliche Praxis, die mir Zeit schenkt. Dadurch, dass ich im Alltag besser priorisieren kann, was jetzt gerade wichtig ist, treffe ich klügere Entscheidungen und gewinne Zeit. Dadurch, dass ich gesünder und konzentrierter bin, erledige ich anfallende Aufgaben schneller – aber vor allem mit mehr Bewusstsein und Liebe – und gewinne Zeit. Aber am meisten gewinne ich dadurch, dass ich hier und jetzt bin – nicht gefangen in meinem Kopf und dem sich ständig drehenden Gedanken-Karussell. Diese Gegenwärtigkeit ist der Kern und Ursprung für alles andere.

Das ist Yoga. Das schafft Meditation. Sie holen das Beste aus mir hervor. Bessere Leistungen, mehr Liebe, mehr Ruhe, mehr Kraft und mehr Bewusst-Sein. Sie sind nichts, was ich machen muss, sondern etwas, was ich machen will – weil es meiner Natur entspricht. Weil es UNSERER Natur entspricht. Wenn du das nicht glaubst geh raus, vielleicht in einen Wald und schau dir mal ganz genau die Bäume und Tiere an – sie leben in ständiger Meditation.

Auch wir Menschen sind hier, um zu sein – nicht um zu tun. Wenn wir uns täglich daran erinnern, beispielsweise in Form der spirituellen Praxis, ändert sich unser ganzes Leben.

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